Eindeutigkeit einer Abfindungsklausel (BFH-Urteil vom 23.7.2019, XI R 48/17, und BFH-Beschluss vom 10.7.2019, XI R 47/17)

In zwei Entscheidungen beschäftigt sich der XI. Senat des BFH mit den Anforderungen an die Eindeutigkeit von Abfindungsklauseln in Pensionszusagen.

Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 Hs. 2 EStG muss „die Pensionszusage […] eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten.“ Dies gilt auch für eine in der Zusage vorgesehene Abfindung des Anrechts, auch wenn der Abfindungsfall bei der Berechnung einer Pensionsrückstellung nicht berücksichtigt wird. Sollte die Höhe der Abfindungszahlung nicht hinreichend genau in der Versorgungszusage beschrieben sein, besteht also die Gefahr, dass die Pensionsrückstellung steuerrechtlich nicht anerkannt wird.

Im ersten Fall (Urteil vom 23.7.2019) handelt es sich um eine Zusage an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, die der GmbH das Recht gibt, eine bei Ausscheiden unverfallbare Anwartschaft oder eine laufende Rente durch eine Kapitalzahlung abzufinden, wobei „die Kapitalabfindung […] unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen“ ist. Der BFH sieht diese Regelung als nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend an, da insbesondere der anzuwendende Rechnungszinssatz nicht daraus hervorgehe und auch nicht durch Auslegung der Versorgungsregelung ermittelt werden könne; in Frage kämen dafür nämlich u.a. der steuerbilanzielle und der handelsbilanzielle Rechnungszins (Rn. 15ff.). Damit könnte die Abfindungsklausel einen steuerlich schädlichen Vorbehalt im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellen (Rn. 10).

Im zweiten Fall (Beschluss von 10.7.2019) ist in der Versorgungszusage dagegen festgelegt, dass bei der Ermittlung des Abfindungsbetrags „ein Rechnungszinsfuß von 6 von Hundert und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden“ sind. Hier wurde bei der Betriebsprüfung bemängelt, dass die Zusage keine Angabe zu den dabei zu verwendenden biometrischen Rechnungsgrundlagen enthalte, so dass die Anforderungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht erfüllt seien. Der BFH stimmt dieser Auffassung jedoch nicht zu, sondern sieht mit der vorgeschriebenen Anwendung der „anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ die erforderliche Festlegung der biometrischen Rechnungsgrundlagen als gegeben an (Rn. 16ff.). Die Auslegung der Versorgungszusage ergebe die eindeutige Festlegung der Richttafeln von Heubeck (hier noch die Richttafeln 2005 G). Diese würden in langjähriger Verwaltungspraxis als den „anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ entsprechend angesehen. Andere biometrische Rechnungsgrundlagen würden dagegen nur unter den sehr restriktiven Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 9.12.2011 von der Finanzverwaltung akzeptiert (Rn. 21).

Die anzuwendenden Bewertungsparameter können also durch Auslegung der Versorgungszusage erhalten werden, sofern diese Auslegung möglich und eindeutig ist. Wenn eine Abfindungsregelung in die Versorgungszusage aufgenommen werden soll, ist es dennoch ratsam, eine möglichst genaue und unmissverständliche Beschreibung der Parameter in die Versorgungszusage aufzunehmen, um diesbezüglich keine unnötigen Risiken einzugehen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 6.4.2005, IV B 2 – S 2176 – 10/05) .