Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bei isolierten Gewinnabführungsverträgen (BAG-Urteile vom 15.11.2022, 3 AZR 506/21 und 3 AZR 505/21)

Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber seine eigene wirtschaftliche Lage sowie die Belange der Versorgungsempfänger zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber ist demnach nicht zur Anpassung verpflichtet, wenn seine wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrenten nicht zulässt. Das BAG hat in zwei Parallelurteilen insbesondere festgestellt, dass das Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrags keinen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft rechtfertige. Ein Berechnungsdurchgriff komme dagegen weiterhin in Betracht, wenn sich bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags die mit diesem verbundene Gefahr für das geschützte Interesse der Versorgungsberechtigten am Werterhalt der Betriebsrente verwirkliche (vgl. die BAG-Rechtsprechung vom 10.3.2015, 3 AZR 739/13).

Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers sei eine zukunftsbezogene Größe, die seine künftige Belastbarkeit umschreibe, eine Prognose voraussetze und durch seine Ertragskraft geprägt sei (Rn. 23ff.). Sie rechtfertige die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, wie das Unternehmen durch eine Anpassung übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde, es folglich keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschafte oder nicht über genügend Eigenkapital verfüge (Rn. 26).

Bestehe ein Gewinnabführungsvertrag, so komme es durch die Abführung der Gewinne bzw. dem Verlustausgleich zu keinem Auf- oder Abbau des Eigenkapitals, sodass es bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage allein auf die Eigenkapitalverzinsung des Unternehmens ankomme (Rn. 27ff.).

Vorliegend durfte der Arbeitgeber die fragliche Rentenanpassung unterlassen, da im Ergebnis aufgrund der relevanten Jahresabschlüsse keine ausreichend positive Geschäftsentwicklung anzunehmen sei und damit eine negative Prognose vorliege (Rn. 32ff.).

Der Arbeitgeber sei auch nicht verpflichtet, sich wegen des Gewinnabführungsvertrags die wirtschaftliche Lage dieses anderen Unternehmens aufgrund eines Berechnungsdurchgriffs zurechnen zu lassen (Rn. 46). Ein Berechnungsdurchgriff und damit eine Ausnahme vom Grundsatz, dass es auf die wirtschaftliche Lage nur des Arbeitsgebers ankomme, sei (weiterhin) grundsätzlich nur dann denkbar, wenn sich im Falle eines Beherrschungsvertrages die damit verbundene Gefahr für das durch § 16 Abs. 1 BetrAVG geschützte Interesse der Versorgungsberechtigten am Werterhalt der Betriebsrente verwirkliche (Rn. 48). Ein isolierter Gewinnabführungsvertrag – ohne gleichzeitigem Bestehen eines Beherrschungsvertrags – könne demgegenüber einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens nicht rechtfertigen, da letzteres auf das Zustandekommen des Gewinns und auf die Ergebnisfeststellung keinen Einfluss habe (Rn. 51ff).

Die Entscheidungen zeigen zum einen auf, welche Anforderungen das BAG an die Prognose im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers stellt, wobei die Ausführungen vorwiegend den konkreten Sachverhalt betreffen und damit nur begrenzt auf sonstige Fälle anwendbar sein können. Zum anderen stellt das BAG aber erstmals und grundsätzlich fest, dass ein isolierter Gewinnabführungsvertrag einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens nicht rechtfertigen kann.