Das BAG hat sich in den letzten Jahren bei mehreren Entscheidungen mit der Frage befasst, wie nicht gewinnorientierte Unternehmen die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG durchzuführen haben, und wie insbesondere ihre wirtschaftliche Lage dabei zu beurteilen ist. Klar ist, dass auch bei diesen Arbeitgebern die wirtschaftliche Lage nicht außer Acht gelassen werden kann. Es gelten jedoch andere Maßstäbe als bei erwerbswirtschaftlich tätigen Arbeitgebern (vgl. insbesondere die Urteile vom 11.07.2017, 3 AZR 691/16 und vom 13.12.2005, 3 AZR 217/05).
In dem neuen Urteil stellt das BAG zu diesen besonderen Maßstäben insbesondere klar, dass bei der Überprüfung der Anpassungsentscheidung von nicht gewinnorientierten Vereinen deren wirtschaftliche Lage einer Anpassung von Betriebsrenten dann entgegensteht, wenn der Verein infolge der Rentenanpassung seinem Vereinszweck auf dem Niveau, das bereits erreicht ist, nicht weiter gerecht werden kann. Auch zukünftige weitere, fest geplante und von den zuständigen Gremien bereits beschlossene Maßnahmen müssten dabei berücksichtigt werden. Eine Entscheidung dahingehend, alle finanziellen Mittel nur für den reinen Vereinszweck zu nutzen, sei allerdings mit den kollidierenden Grundrechten der Betriebsrentner aus Art. 12 und 14 GG nicht zu vereinbaren (Rz. 87).
Im konkreten Fall ist die beklagte Arbeitgeberin eine nicht gewinnorientierte Gewerkschaft, die dem klagenden Rentner eine betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse zugesagt hatte, deren Höhe und Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG nun strittig sind. Vor dem Anpassungstermin im Jahr 2014 informierte die Gewerkschaft den Kläger darüber, dass aus wirtschaftlichen Gründen eine Anpassung nicht möglich sei. Der Kläger widersprach dem fristgerecht und verfolgte auf dem Rechtsweg u.a. das Ziel einer Rentenanpassung entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes.
Das BAG kann in seinem Urteil auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend den erforderlichen Anpassungsumfang klären, stellt jedoch einige Grundsätze zur konkreten Anpassungsprüfung dar, welche nicht nur für Gewerkschaften, sondern auch allgemeiner für nicht gewinnorientierte Arbeitgeber von Bedeutung sein können.
Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG sind insbesondere die Belange der Versorgungsempfänger und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Für eine Gewerkschaft als steuerbefreitem Berufsverband in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins, der nicht zur Gewinnerzielung tätig ist, sieht die Rechtsprechung des BAG dabei Besonderheiten jedenfalls bei der Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Lage und der hierauf bezogenen Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers dafür, dass seine Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht (Rz. 76ff.):
Eine Gewerkschaft – ebenso wie ein Arbeitgeberverband – genieße den verfassungsrechtlichen Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, der es den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich untersage, die Verwendung der Einkünfte im Einzelnen zu überprüfen oder zu bewerten. Berühre eine arbeitsgerichtliche Entscheidung die Koalitionsfreiheit, müssten die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Privatrechts der Koalitionsfreiheit Rechnung tragen. Art. 9 Abs. 3 GG schütze die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Zweckerreichung für geeignet halten, obliege ihnen selbst, hierfür müssten sie sich auch nicht rechtfertigen.
Der Koalitionsfreiheit stünden aber auf Seiten der Betriebsrentner deren durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschützte Interessen gegenüber, so dass diese kollidierenden Grundrechtspositionen bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Lage in Ausgleich zu bringen seien. Das BAG gibt an dieser Stelle zwar weitere Erläuterungen, wie auch der Ausgleich zu erfolgen hat, kann jedoch im konkreten Fall nicht zu einem abschließenden Ergebnis kommen, da insbesondere nicht klar war, welches Vermögen der Beklagten zur Verfügung steht und inwieweit es dieses offenlegen und für die Anpassung verwenden muss.
Der Nachweis der Vermögens- und Einnahmesituation und die darauf aufbauende Prognose der wirtschaftlichen Lage wird bei gemeinnützigen, nicht gewinnorientierten Arbeitgebern z.B. wegen eines auf regionale Zweige verteilten Vermögens oder fehlender Rechnungslegung nach HGB evtl. schwieriger als bei gewinnorientierten Unternehmen sein. Dennoch müssen auch sie eine unterlassene Rentenanpassung rechtfertigen können. Denn eine Rentenanpassung, die einen Eingriff in die Vermögenssubstanz des Arbeitgebers darstellt oder die Erreichung des Vereinszwecks einschränkt, kann nach dem vorliegenden Urteil grundsätzlich vom Arbeitgeber abgelehnt werden.