Besteuerung einer Direktversicherung bei einer Zusage anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (BFH-Urteil vom 16.03.2021, X R 44/18)

In einem aktuellen Fall betrachtet der BFH die steuerrechtliche Einordnung eines bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers abgeschlossenen Versicherungsvertrags als Direktversicherung. Der Kläger hatte bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung, nach der beide während der Betriebszugehörigkeit des Klägers monatliche Beiträge in die dortige betriebliche „Altersversorgungskasse“ einzahlten. Das bis zum Ausscheiden des Klägers angesparte Deckungskapital der unverfallbaren Anwartschaft zahlte die ehemalige Arbeitgeberin im Jahr 1986 mit dem Einverständnis des Klägers als Einmalbeitrag in eine Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall ein; Versicherungsnehmerin war die ehemalige Arbeitgeberin, versicherte Person der Kläger (Rn. 2).

Die Kapitalzahlung (im Erlebensfall) aus dieser Lebensversicherung erfolgte 2014 an den Kläger, wobei der Auszahlungsbetrag einen Anteil aus Garantiezinsen und einen Anteil aus außerrechnungsmäßigen Zinsen aus der Überschussbeteiligung enthielt (Rn. 3).

Das Finanzamt besteuerte diese Zinsen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG (Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen). Hiergegen ging der Kläger vor, da nach seiner Ansicht die Zinserträge wegen der überschrittenen gesetzlichen Haltefrist von 12 Jahren gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung steuerfrei seien (Rn. 5).

Während das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Vorschrift des § 22 Nr. 5 EStG für nicht einschlägig hielt, da insbesondere keine Direktversicherung vorläge, folgt der BFH nun der Auffassung des Finanzamts. Er wertet die Auszahlung als Leistungen aus einer Direktversicherung, sodass die Zinsen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 5 EStG steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte seien, die nicht mit dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG (so das Finanzgericht), sondern regulär-tariflich gemäß § 32a EStG zu besteuern sind (Rn. 11):

Zu den Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 S. 1 EStG zählten auch einmalige Kapitalauszahlungen bzw. -abfindungen (Rn. 13). Bei der im Jahr 1986 abgeschlossenen Lebensversicherung handele es sich auch im Übrigen um (eine Direktversicherung als) betriebliche Altersversorgung nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Danach müssten die Leistungen „aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses“ zugesagt worden sein, es müsse also zwischen der Zusage des Arbeitgebers und dem Arbeitsverhältnis ein Kausalzusammenhang bestehen (Rn. 20). Die Zusage müsse dabei aber nicht zwingend während des Arbeitsverhältnisses erteilt oder im Hinblick auf seine Begründung oder Fortdauer erfolgen. Selbst eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte Zusage könne zur betrieblichen Altersversorgung zählen.

Damit sei es im vorliegenden Fall unschädlich, dass der Versicherungsabschluss erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte (Rn. 22). Der Abschluss der Lebensversicherung sei zudem durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, da hierdurch lediglich der Durchführungsweg einer bereits bestehenden betrieblichen Altersversorgung gewechselt worden sei. Die unverfallbare Versorgungsanwartschaft wurde nach § 4 Abs. 1 S. 1 BetrAVG a.F. im Rahmen eines Durchführungswegwechsels übertragen (Rn. 23). Auch daraus, dass Beiträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 3 Nr. 63 S. 3 EStG steuerlich gleichermaßen begünstigt sind, folgert der BFH, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Pensionszusage ausreiche.

Da die Leistung auf alten Beiträgen beruhe, auf die keine steuerrechtlichen Privilegierungen angewandt wurden, seien nicht der gesamte Auszahlungsbetrag, sondern nur die Erträge (nachträglich) zu besteuern. Dies sei im Streitfall nach § 22 Nr. 5 S. 2 Buchst. b EStG durch eine entsprechende Anwendung der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Direktversicherung geltenden Fassung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gewährleistet (Rn. 28).

Für die steuerrechtliche Einordnung eines Versicherungsvertrags als Direktversicherung ist nach diesem Urteil lediglich ein Kausalzusammenhang zwischen der Zusage des Arbeitgebers und dem Arbeitsverhältnis erforderlich, nicht aber dessen Fortbestand (wie noch das Finanzgericht der Vorinstanz meinte). Dementsprechend können grundsätzlich auch Zusagen anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses den Regelungen der betrieblichen Altersversorgung unterfallen.

Liegt dementsprechend eine Direktversicherung vor, gilt die Besteuerung der Leistungen nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG und hier weiterhin der Grundsatz, dass der Umfang der Besteuerung davon abhängt, inwieweit die Beiträge in der Ansparphase steuerlich gefördert wurden, vgl. auch das BMF-Schreiben vom 12.8.2021 (IV C 5 – S 2333/19/10008 :017) unter der Rn. 148ff.