Einkünftezurechnung bei einer doppelten Treuhand (BFH-Urteil vom 4.5.2022, I R 19/18)

Treuhandverträge werden häufig zur Auslagerung von Vermögen verwendet, das der Absicherung von Versorgungsverpflichtungen dienen soll. Die korrekte Gestaltung dieser Vertragskonstruktionen ist von erheblichem Interesse nicht nur hinsichtlich ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit und Insolvenzsicherheit, sondern auch für die steuerliche Behandlung der Erträge aus dem Vermögen.

Der BFH führt in einem neuen Urteil aus, wann ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis vorliegt mit der Folge, dass die Wirtschaftsgüter und ihre Erträge dem Treugeber gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO zuzurechnen sind. Die Urteilsbegründung beinhaltet dabei keine überraschenden Ausführungen, schafft aber mehr Rechtssicherheit hinsichtlich der steuerlich notwendigen Merkmale, insbesondere bezüglich der Voraussetzung der (eingeschränkten) Rückforderungsmöglichkeit für das Treugut.

Notwendig sei, dass die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung des Treuhänders verbundene Verfügungsmacht in einer Weise zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint. Dafür müsse der Treugeber das Treuhandverhältnis sowohl hinsichtlich der getroffenen Absprachen als auch des tatsächlichen Vollzugs beherrschen, und es müsse zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Die Weisungsbefugnis des Treugebers bezüglich der Behandlung des Treuguts beinhalte auch, dass er jederzeit die Rückgabe des Treuguts verlangen kann (Rn. 14). Insoweit hält es der BFH aber für ausreichend, wenn nur die Herausgabe des endgültig nicht mehr benötigten Treuhandvermögens (Übererlös) im Sicherungsfall nach Zweckerreichung vereinbart ist, da es bei der doppelten Treuhand mit dem Treugeberinteresse unvereinbar sein könne, wenn bis zur Zweckerreichung eine jederzeitige Rückgabe des Treuguts vereinbart werden würde (Rn. 24). Soweit darüber hinaus die Vereinbarung eines Treuhandentgelts noch als Anzeichen für ein steuerlich anerkanntes Treuhandverhältnis gewertet werden könne, habe die bilanzielle Behandlung des Treuguts nur Indiz- und die Bezeichnung als „Treuhandvertrag“ gar keine Wirkung.

Diese Sicht des BFH ist für die Praxis sehr zu begrüßen, da die Möglichkeit des Treugebers, jederzeit die Rückgabe des Treuhandvermögens zu verlangen, sowohl der Sicherung der Versorgungsverpflichtungen in der Insolvenz als auch den Anforderungen an Deckungsvermögen im handelsbilanziellen Sinn (§ 246 Abs. 2 S. 2 HGB bzw. IAS 19.8) zuwiderliefe.