Keine mehrjährige Mindestehedauer für Hinterbliebenenversorgung (BAG-Urteil vom 19.2.2019, 3 AZR 150/18)

Der vom BAG in seinem Urteil vom 19.2.2019 behandelte Fall betrifft eine Witwe, deren Ehemann etwa vier Jahre nach Eheschließung verstarb und der eine Betriebsrente bezog, die grundsätzlich eine Witwenversorgung beinhaltet. Allerdings sieht die Pensionszusage vor, dass „die Witwenversorgung entfällt, wenn […] im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten die Ehe nicht mindestens 10 Jahre bestanden hat […]”, so dass der ehemalige Arbeitgeber sich (auch aus anderen, hier nicht relevanten Gründen) weigerte, die Witwenrente zu zahlen.

Das BAG stellt zunächst fest, dass für die Pensionszusage die Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305ff. BGB) anzuwenden seien, da die Zusage für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und auch angewandt worden sei (Rn. 17ff.). Der Ausschluss der Witwenversorgung bei einer Ehedauer von weniger als zehn Jahren stelle eine unangemessene Benachteiligung des verstorbenen Ehemanns entgegen den Geboten von Treu und Glauben dar, welche nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB die Unwirksamkeit der Bestimmung zur Folge habe (Rn. 20ff.). Die Einschränkung der Witwenversorgung auf mindestens zehn Jahre andauernde Ehen weiche nämlich „von der die Hinterbliebenenversorgung von Witwen kennzeichnenden Vertragstypik ab” und benachteilige damit den verstorbenen Ehemann unangemessen (Rn. 25ff.). Sie sei auch „nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt”, weil dieser sein mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbundenes finanzielles Risiko nicht auf diese Weise beschränken könne, da die Ehedauer „keinen Anhaltspunkt dafür bietet, wie groß der Altersunterschied der Ehepartner ist” (Rn. 30f.).

Zur Verhinderung einer „Versorgungsehe”, von der vermutet wird, dass sie nur zu dem Zweck geschlossen wurde, eine Witwenrente zu erlangen, wäre eine Mindestdauer der Ehezeit von zehn Jahren nicht erforderlich. In der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch in der Beamtenversorgung habe der Gesetzgeber zu diesem Zweck vielmehr die Voraussetzung einer Ehedauer von einem Jahr für ausreichend gehalten (Rn. 33).

Aus diesen Erwägungen folgert das BAG den ersatzlosen Wegfall der Voraussetzung einer zehnjährigen Ehedauer in der Pensionszusage und damit den Anspruch der Witwe auf eine Hinterbliebenenrente (Rn. 36). „Rechtlich zulässig wäre allenfalls eine Mindestehedauer von einem Jahr, ggf. mit der Möglichkeit auch in diesem Fall das Vorliegen einer Versorgungsehe zu widerlegen” (Rn. 44).

Pensionszusagen verlangen üblicherweise keine Ehedauer von derartiger Länge wie im vorliegenden Fall als Voraussetzung für eine Hinterbliebenenleistung. Das Risiko des Arbeitgebers wird ohnehin durch zulässige und wirksame Altersabstandsklauseln besser begrenzt. Dennoch sollte man allgemein bei Pensionszusagen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen werden können, die besonderen Anforderungen der § 305ff. BGB und die Folgen eines Verstoßes dagegen beachten (vgl. Rn. 37ff.). Eine wie im vorliegenden Urteil vorgenommene Orientierung an den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung kann zwar in mancher Hinsicht den Weg zu einer zulässigen Gestaltung einer betrieblichen Versorgungszusage weisen. Es können aber dennoch Fälle auftreten, in denen aus der gesetzlichen Rentenversicherung übernommene Gestaltungen in der betrieblichen Altersversorgung unzulässig sind, was sich in der Vergangenheit etwa bei geschlechtsabhängigen Altersgrenzen gezeigt hat.