In einem aktuellen Beschluss beschäftigt sich das BAG mit der Möglichkeit, eine Betriebsvereinbarung teilweise zu kündigen und damit eine Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung durch eine Betriebsvereinbarung zu vermeiden.
Im vorliegenden Fall wurde im Jahr 2005 mit einer Betriebsvereinbarung eine endgehaltsabhängige Direktzusage gewährt, die hinsichtlich der Änderung und Entziehung von Leistungen in Ziff. 22 die Beteiligung des Betriebsrats bzw. bestimmte Voraussetzungen vorsah.
Diese Betriebsvereinbarung wurde zunächst im Jahr 2016 für nach dem 28.2.2017 eintretende Mitarbeiter gekündigt, d.h. diese Arbeitnehmer sollten keine entsprechende Pensionszusage erhalten. Im Jahr 2017 erklärte der Arbeitgeber unter Verweis auf anhaltende wirtschaftliche Schwierigkeiten eine „(Teil)Kündigung“ der Betriebsvereinbarung, diesmal für alle begünstigten Mitarbeiter. Als beabsichtigte Wirkung wurde der Fortfall der dritten Besitzstandsstufe für alle Mitarbeiter angegeben, d.h. die analog zu § 2 Abs. 1 BetrAVG bereits (zeitratierlich) erdienten Anwartschaften und die auf sie entfallende Gehaltsdynamik sollten erhalten bleiben und nur für künftige Dienstzeiten sollten keine weiteren Anwartschaften erdient werden.
Der Betriebsrat hielt dem u.a. entgegen, die Teilkündigung von 2017 sei unwirksam und die Betriebsvereinbarung bestehe unverändert fort, da er trotz der Regelung in Ziff. 22 der Betriebsvereinbarung an der Entscheidung nicht beteiligt worden sei. Eine Neuregelung mit dem Betriebsrat habe Vorrang gegenüber der Teilkündigung, da die Auswirkung der Teilkündigung auf die betroffenen Arbeitnehmer unterschiedlich sei und dem Betriebsrat durch eine Teilkündigung der Betriebsvereinbarung nicht das Mitbestimmungsrecht entzogen werden könne.
Das BAG stellt dazu zunächst fest, dass Ziff. 22 der Betriebsvereinbarung dem Kündigungsrecht der Betriebsparteien nicht entgegenstehe, da dort nur allgemeine Widerrufsvorbehalte zum Ausdruck gebracht worden seien, die unter bestimmten Umständen (i.W. entsprechend den steuerunschädlichen Vorbehalten in EStR 6a.4) gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern Leistungseinschränkungen zulassen, nicht aber die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung als solcher betreffen (Rz. 17ff.).
Ferner sei die Kündigung von 2017 keine unzulässige Teilkündigung. Kündigungen von Betriebsvereinbarungen seien grundsätzlich nach § 77 Abs. 5 BetrVG zulässig, lediglich ihre Wirkung sei entsprechend dem dreistufigen Prüfungsschema („3-Stufen-Theorie“) des BAG in Abhängigkeit von der Gewichtigkeit der Eingriffsgründe des Arbeitgebers beschränkt (Rz. 23ff.). Dieses Prüfungsschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG bei ablösenden Betriebsvereinbarungen zu beachten. Ein mittels Kündigung einer Betriebsvereinbarung allein – ohne Betriebsrat – handelnder Arbeitgeber könne keine weitergehende Regelungsmöglichkeit beanspruchen als sie die Betriebsparteien gemeinsam haben (Rz. 30).
Durch das Stufenschema sei die Betriebsvereinbarung zwingend teilbar, und der Arbeitgeber könne seine Kündigung auf eine dieser Stufen beschränken, was allerdings dazu führen könne, „dass eine solche Teilkündigung mangels sie rechtfertigender Gründe ins Leere geht und damit einer Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung nahekommt“ (Rz. 32). Nach der Teilkündigung blieben die Rechte der Versorgungsberechtigten wegen der normativen Weitergeltung der alten Betriebsvereinbarung weiter geschützt, für welche auch weitere Teilkündigungen erfolgen können (Rz. 33f.).
Die Kündigung selbst sei – anders als vom Betriebsrat angenommen – nicht wegen seiner fehlenden Beteiligung unwirksam, auch wenn bei Bestehen eines zwingenden Mitbestimmungsrechts evtl. danach eine erneute Einigung der Betriebspartner erforderlich werden könne (Rz. 38).
Für den vorliegenden Fall ist damit das Einhalten des Prüfungsschemas durch den Arbeitgeber letztlich entscheidend für die Wirksamkeit der Teilkündigung, was hier das Vorliegen sachlich-proportionaler Gründe erfordert. Maßgeblich dafür sei der Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist für die Betriebsvereinbarung (Rz. 42). Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfalle, da der Arbeitgeber keinen Dotierungsrahmen für weitere Leistungen zur Verfügung stelle und damit kein Raum für eine Neuverteilung verbleibe. Dies gelte selbst dann, wenn der Arbeitgeber auch weitergehende Eingriffe vornehmen dürfte, sich aber auf eine Stufe des Prüfungsschemas als „natürliche und immanente Grenzen“ des zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens beschränkt, so dass insoweit kein Spielraum mehr für einen zu verteilenden Dotierungsrahmen verbleibt (Rz. 44ff.).