Versorgungsausgleich: Zinssatz zur Berechnung des Ausgleichswerts bei beitragsorientierten Leistungszusagen (BGH-Beschluss vom 11.5.2016, XII ZB 615/13)

Der BGH konkretisiert mit seinem Beschluss vom 11.5.2016 seine bisherige Rechtsprechung (vgl. insbesondere den BGH-Beschluss vom 9.3.2016, XII ZB 540/14) zur Höhe des Zinssatzes bei der Berechnung des Ausgleichswerts im Versorgungsausgleich bei externer Teilung für den besonderen Fall als Direktzusagen erteilter beitragsorientierter Leistungszusagen. Bei dieser in neueren Pensionszusagen sehr verbreiteten Zusageform werden (evtl. nur nominelle) Beiträge über eine Tabelle in Leistungsbausteine umgewandelt, aus deren Summe sich bei Eintritt des Versorgungsfalls die Höhe der Leistung ergibt. Die Umwandlungsfaktoren hängen i.d.R. von biometrischen Größen, vor allem aber vom Zinssatz ab, der zur Aufzinsung der Beiträge vom Zeitpunkt der Beitragsleistung bis zum Versorgungsfall verwendet wird. Hier sind in der Praxis Zinssätze bis zu etwa 7 % nicht ungebräuchlich, wobei hohe Zinssätze meist nur in Versorgungsregelungen auftreten, die bereits vor längerer Zeit eingerichtet wurden, als das Zinsniveau auf den Kapitalmärkten weit über dem heutigen lag.

Da die Korrespondenz zwischen dem Beitrag (einem Kapitalbetrag) und der Leistungshöhe über diesen Zinssatz hergestellt wird, liegt die Idee nahe, ihn als für das Anrecht spezifischen Zinssatz anstelle des gebräuchlichen Rechnungszinssatzes nach § 253 Abs. 2 HGB bei der Berechnung des Ausgleichswerts zu verwenden, bei der die Umrechnung gerade in umgekehrter Richtung, nämlich von der in der Ehezeit erworbenen Leistungshöhe auf einen Kapitalbetrag, erfolgt. Dies wurde vom BGH in früheren Beschlüssen auch grundsätzlich als zulässig angesehen.

Nach dem aktuellen Beschluss des BGH stellen die nominellen Beiträge und der in den Umwandlungsfaktoren enthaltene Zinssatz bei Direktzusagen jedoch nur „eine rein interne Rechengröße“ dar, so dass das Umrechnungsverfahren von untergeordneter Bedeutung sei; vielmehr sei allein die zugesagte Versorgungsleistung für die Höhe des Ausgleichswerts maßgeblich. Der Zinssatz der Umwandlungstabelle könne daher nur dann für die Berechnung des Ausgleichswerts in Betracht gezogen werden, wenn er vom Unternehmen auch bei Ausscheiden des Arbeitnehmers mit Übertragung bzw. Abfindung der Anwartschaft angewandt würde.

Im vorliegenden Fall traf dies nicht zu, da der Arbeitgeber für die Ermittlung des Barwerts bei Übertragung oder Abfindung die steuerbilanziell maßgeblichen Rechnungsgrundlagen verwendete, insbesondere also einen Zinssatz von 6 % p.a. anstelle des den Umwandlungstabellen zugrunde liegenden Zinssatzes von etwa 6,5 %. Nach dem BGH führt die Anwendung des steuerlichen Zinssatzes von 6 % bei der Berechnung des Ausgleichswerts aber „zu einer strukturellen Unterbewertung des Anrechts und damit zu einer systematischen Benachteiligung der ausgleichsberechtigten Person“. Mit der Verwendung des (monatsgenau zum Ehezeitende ermittelten) Rechnungszinssatzes nach HGB sei dagegen keine wirtschaftliche Mehrbelastung für den Arbeitgeber verbunden, da bei der externen Teilung der Liquiditätsabfluss der Teilauflösung der Pensionsrückstellung entspreche.

Dies trifft u.E. allerdings nur für den Zeitpunkt des Eheendes zu, nicht aber für den Zeitpunkt der Rechtskraft des familiengerichtlichen Urteils, zu dem i.d.R. ein anderer handelsbilanzieller Zinssatz gelten wird, der bei der Berechnung aber nicht verwendet werden darf. Zumindest im Fall der Entgeltumwandlung kann auch die Einschätzung des Zinssatzes als rein interne Rechengröße in Frage gestellt werden, da hier nicht nur ein nomineller Beitrag des Arbeitgebers, sondern auch ein realer Umwandlungsbetrag des Arbeitnehmers existiert, womit auch der der Umwandlungstabelle zugrunde liegende Zinssatz eine reale wirtschaftliche Bedeutung hat; der Arbeitgeber sagt tatsächlich eine Verzinsung des umgewandelten Gehaltsbestandteils in entsprechender Höhe zu. Wenn dieser Zinssatz für die Übertragung oder Abfindung der Anwartschaft bei Ausscheiden des Arbeitnehmers verwendet wird, so spricht aber nach der Argumentation des BGH u.E. auch nichts gegen seine Verwendung im Rahmen des Versorgungsausgleichs.

Im vorliegenden Fall hatte das Unternehmen zum Ehezeitende noch keine Pensionsrückstellung nach den damals neuen Vorschriften des BilMoG gebildet. Da für diesen Zeitpunkt jedoch bereits von der Bundesbank berechnete Zinssätze nach § 253 Abs. 2 HGB vorliegen, können diese auch zur Berechnung des Ausgleichswerts verwendet werden; es ist in diesem Fall jedenfalls unzulässig, die steuerbilanziellen Rechnungsgrößen zu verwenden. Es bleibt jedoch weiter offen, welche Vorgehensweise bei einem Ehezeitende vor Inkrafttreten des BilMoG zulässig ist.