Zulässige Abweichungen vom Betriebsrentengesetz bei Organen einer Kapitalgesellschaft (BGH-Urteil vom 23.5.2017 – II ZR 6/16)

In einem Urteil vom 23.5.2017 geht der BGH der immer wieder auftretenden Frage nach, inwieweit in Pensionszusagen an Organmitglieder (Geschäftsführer, Vorstände) einer Kapitalgesellschaft von den allgemeinen Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) abgewichen werden kann.

Im vorliegenden Fall war konkret die Zulässigkeit der Abfindung einer laufenden Rente umstritten, die grundsätzlich nach § 3 BetrAVG i.V.m. § 30g Abs. 2 BetrAVG für solche laufenden Leistungen unzulässig ist, die nach dem 31.12.2004 erstmals gezahlt wurden (was hier der Fall war). Die Anwendbarkeit dieser Regelung des Betriebsrentengesetzes war aber in der Versorgungszusage ausgeschlossen worden.

Gemäß § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG darf von den Vorschriften des Gesetzes grundsätzlich nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer abgewichen werden, zu denen in diesem Zusammenhang nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG auch Organe der Gesellschaft gezählt werden. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG sind Abweichungen von bestimmten Vorschriften des Gesetzes, darunter auch § 3 BetrAVG, jedoch zulässig, sofern sie in einem Tarifvertrag geregelt sind.

Der BGH lässt nun für Organe Abweichungen von den Regelungen des Betriebsrentengesetzes soweit zu, wie sie Tarifvertragsparteien gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG gestattet sind. Andernfalls wären die Organmitglieder gesetzlich besser geschützt als Arbeitnehmer, obwohl Organe typischerweise bei den Verhandlungen zu ihrer Betriebsrente dem Arbeitgeber nicht unterlegen seien (Rn. 13f.). Damit stimmt der BGH der Auffassung des BAG zu, das in einem teilweise ähnlich gelagerten Fall dieselbe Argumentationslinie vertreten hat (BAG-Urteil vom 21.4.2009 – 3 AZR 285/07, Rn. 45f.).

Die beiden Urteile von BGH und BAG passen also zusammen und führen damit zu erhöhter Rechtssicherheit und einer gewissen Flexibilität für Pensionszusagen an einen Personenkreis, für den das Betriebsrentengesetz nicht immer passende Regelungen bereitstellt. Es sollte dabei beachtet werden, dass nicht nur das Abfindungsverbot zu den Regelungen des Betriebsrentengesetzes gehört, von denen bei Organen abgewichen werden darf, sondern insbesondere auch die Vorschriften zur Rentenanpassung (§ 16 BetrAVG) und zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen (§ 2 BetrAVG).

Der BGH geht von einer seiner Ansicht nach typischen Situation aus, für die er eine beträchtliche Verhandlungsmacht des Organmitglieds gegenüber der Gesellschaft annimmt. Das wird allerdings tatsächlich in vielen Fällen nicht zutreffen, etwa bei Geschäftsführern von Tochterunternehmen eines Konzerns. Ob auch in solchen Fällen Abweichungen vom Betriebsrentengesetz von der Rechtsprechung akzeptiert werden, also die typisierende Betrachtung von Organen aufrechterhalten wird, ist u.E. nicht sicher.