Zulässigkeit von Altersabstandsklauseln (BAG-Urteil vom 20.2.2018, 3 AZR 43/17)

Die Zulässigkeit von Einschränkungen der Hinterbliebenenversorgung in der betrieblichen Altersversorgung in Hinblick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) war in der letzten Zeit Gegenstand mehrerer Urteile des BAG und anderer Gerichte. Mit diesen Urteilen wurde bereits eine gewisse Klarheit hinsichtlich der Anforderungen an Späteheklauseln geschaffen (BAG-Urteil vom 14.11.2017, 3 AZR 781/16), die eine Witwen- bzw. Witwerversorgung auf Eheschließungen beschränken, die vor einem bestimmten Zeitpunkt, insbesondere vor einem festgelegten Alter des Arbeitnehmers erfolgen. Mit seinem Urteil vom 20.2.2018 untersucht das BAG nun die Zulässigkeit der ebenfalls weit verbreiteten Altersabstandsklauseln, die eine Witwen- bzw. Witwerversorgung nur gewähren, wenn der hinterbliebene Ehegatte nicht sehr viel jünger als der Verstorbene ist.

Im vorliegenden Fall ist die hinterbliebene Ehefrau etwa 18 Jahre jünger als der verstorbene Ehemann, dessen Pensionszusage für einen Anspruch auf Witwenrente u.a. die Voraussetzung vorsieht, dass die Witwe höchstens 15 Jahre jünger als der Verstorbene sein darf. Die Witwe sah in dieser Bedingung eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters, die zur Unwirksamkeit dieser Regelung führe. Das BAG schließt sich dieser Ansicht jedoch nicht an: „Der Ausschluss von Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, von der Gewährung einer Ehegattenrente bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 AGG und ist damit nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam” (Rn. 11).

Die Altersabstandsklausel führe zwar zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. § 3 Abs. 1 AGG, da von ihr nur Arbeitnehmer erfasst werden könnten, die zum Zeitpunkt der Eheschließung mindestens 33 Jahre alt gewesen seien (Rn. 17ff.). Eine darüber hinaus mögliche mittelbare Benachteiligung von Männern wegen ihres Geschlechts sei im vorliegenden Fall nicht zu prüfen gewesen (Rn. 20).

Diese festgestellte Benachteiligung wegen des Alters sei jedoch sachlich gerechtfertigt und damit nach § 10 S. 1 und 2 AGG zulässig (Rn. 21ff.). Die Begrenzung der Leistungspflichten des Versorgungsschuldners führe für diesen zu einer verlässlichen und überschaubaren Kalkulationsgrundlage und trage daher dazu bei, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu fördern (Rn. 26). Ferner sei bei einem Altersabstand der Ehegatten von mehr als 15 Jahren „der – die Ehe prägende – gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner allerdings von vornherein darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt”. Daher sei es „legitim, wenn ein Arbeitgeber dieses bereits strukturell im Lebenszuschnitt des Arbeitnehmers angelegte Risiko nicht durch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung” übernehme (Rn. 32). Bei mehr als 80 % aller Ehepaare betrage der Altersabstand weniger als sieben Jahre, so dass durch die vorliegende Altersabstandsklausel nur solche Ehegatten von der Gewährung einer Hinterbliebenenrente ausgeschlossen würden, deren Altersunterschied erheblich größer sei als üblich (Rn. 33).

Ein milderes Mittel der Risikobeschränkung für den Arbeitgeber als ein vollständiger Ausschluss von der Hinterbliebenenrente könnte z.B. eine in Abhängigkeit vom Altersunterschied der Ehegatten versicherungsmathematisch berechnete Reduzierung der Leistungshöhe sein. Da solche Verfahren gerade nicht zu einem vollständigen Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung führen und die entsprechenden Risiken nicht ebenso genau begrenzen, sieht das BAG darin jedoch keine gleichermaßen wirksame Maßnahme, so dass der vollständige Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung durch die Altersabstandsklausel auch als erforderlich i.S.d. § 10 S. 2 AGG angesehen wird (Rn. 34).

Mit diesem Urteil dürfte die Zulässigkeit der in der Praxis üblichen Ausgestaltungen von Altersabstandsklauseln zunächst feststehen. Allerdings sollte dennoch bei Einführung oder Änderung einer Versorgungsregelung erwogen werden, zu einem weniger einschneidenden Mittel der Risikobeschränkung als einer vollständigen Versagung der Hinterbliebenenrente zu greifen. In jedem Fall passen die Besonderheiten der Hinterbliebenenversorgung schlecht zu den Regelungen des AGG, was auch in Zukunft zu rechtlichen Unklarheiten führen kann.

Aktualisierung: Mit Urteil vom 16.10.2018 (3 AZR 520/17) bestätigt das BAG auch die Zulässigkeit einer Kürzung (statt des vollständigen Wegfalls) der Hinterbliebenenrente um 5 % für jedes Jahr eines Altersabstands von mehr als 15 Jahren. Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung sei dabei kein milderes Mittel der Risikobeschränkung, da es sich hierbei nur um ein Finanzierungsinstrument zum Aufbau von Deckungskapital handele.

Aktualisierung: In einem weiteren Urteil vom 11.12.2018 (3 AZR 400/17) hält das BAG sogar die Kürzung einer Witwenrente um 5 % für jedes volle, über 10 Jahre hinausgehende Jahr des Altersunterschiedes für angemessen.