Rentenanpassungen bei Pensionskassen vor dem 31.12.2015 (BAG-Urteil vom 13.12.2016, 3 AZR 342/15 u.a.)

Das BAG nimmt in seinem Urteil vom 13.12.2016 Stellung zur Frage der Rentenanpassungsverpflichtung des Arbeitgebers bei Pensionszusagen, die über eine Pensionskasse durchgeführt werden. Insbesondere wird eine Prüfungsverpflichtung für Anpassungstermine vor dem 31.12.2015 bejaht, wenn die zur Leistungserhöhung verwendeten Überschüsse der Pensionskasse nicht ausreichen, um den Kaufkraftverlust der Rente auszugleichen.

I. Hintergrund

Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG sind Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, „alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden”. Sofern nicht eine schlechte wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ein Aussetzen der Anpassungen rechtfertigt, ist zu diesen Prüfungsterminen eine Betriebsrente i.W. entsprechend der Inflationsentwicklung zu erhöhen, die durch die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland ab Rentenbeginn gemessen wird, evtl. noch beschränkt auf die Entwicklung der „Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens” (§ 16 Abs. 2 BetrAVG).

Diese Anpassungsverpflichtung besteht für den Arbeitgeber unter anderem dann nicht, wenn „die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden” (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG). In diesen Fällen geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Überschüsse einen ausreichenden Ausgleich für die Kaufkraftentwicklung darstellen. Den Arbeitgeber trifft insoweit also keine Verpflichtung, über die vom Versorgungsträger ggf. gewährte Rentenerhöhung hinaus weitere Anpassungen vorzunehmen, selbst wenn die Erhöhung durch den Versorgungsträger hinter der Inflationsentwicklung zurückbleibt oder sogar ganz ausfällt. Ähnliche Ausnahmen von der Anpassungsprüfungspflicht können auch in den Fällen des § 16 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 BetrAVG (garantierte Rentenanpassung bzw. Beitragszusage mit Mindestleistung) bestehen.

Diese gesetzliche Regelung besteht in ihrer heutigen Form allerdings erst seit dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21.12.2015, mit dem eine zuvor zusätzlich im Gesetzestext genannte Einschränkung beseitigt wurde, nach der für den Entfall der Rentenanpassungsverpflichtung „zur Berechnung der garantierten Leistung der nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Versicherungsaufsichtsgesetzes festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten” (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG a.F.) werden dürfe. Diese Änderung wurde als Reaktion auf das Urteil des BAG vom 30.9.2014 (3 AZR 617/12) erforderlich, nach dem § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG a.F. nicht für solche Pensionskassenzusagen gelte, die vor dem 16.5.1996, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Deckungsrückstellungsverordnung, erteilt wurden, oder bei denen der Rechnungszinssatz den festgesetzten Höchstzinssatz übersteigt, was bei regulierten Pensionskassen häufig der Fall ist.

Die Gesetzesänderung wurde vielfach als Klarstellung einer eigentlich schon immer vom Gesetzgeber gewollten, aber missverständlich formulierten Regelung begriffen, nach der im Normalfall die Rentenanpassungsverpflichtung des Arbeitgebers bei Pensionskassen und Direktversicherungsverträgen entfallen sollte. Dennoch war nun fraglich, auf welche Pensionszusagen und Prüfungstermine der geänderte Gesetzestext, d.h. die Freistellung des Arbeitgebers von Rentenanpassungen, anwendbar ist.

II. Kein Wegfall der Prüfungsverpflichtung vor dem 31.12.2015

Das BAG nimmt sich in seinem Urteil dieser Frage an und stellt fest, dass „die Änderung von § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG […] keine Bedeutung [hat], wenn über die Anpassung laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an Anpassungsstichtagen vor dem 31. Dezember 2015 zu entscheiden war” (Leitsatz), d.h. die Prüfungs- und ggf. Anpassungsverpflichtung des Arbeitgebers bleibt für Rentenanpassungstermine vor dem 31.12.2015 bestehen.

Wieder einmal im Zusammenhang mit den Leistungskürzungen der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft VVaG (PKDW) setzt das BAG zunächst seine bisherige Rechtsprechung zur Subsidiärhaftung des Arbeitgebers für seine über externe Versorgungsträger durchgeführten Pensionszusagen (BAG vom 10.2.2015, 3 AZR 65/14) und insbesondere zur Einstandspflicht des Arbeitgebers für Leistungen aus Eigenbeiträgen des Arbeitnehmers bei sog. Umfassungszusagen (BAG vom 15.3.2016, 3 AZR 827/14 u.a.) fort.

Darüber hinaus hatte das BAG zu entscheiden, ob sich die o.g. Gesetzesänderung auch bei Prüfungsterminen vor dem 31.12.2015 auswirkt. Im vorliegenden Fall war nach dem alten Rechtsstand die Anpassungspflicht nicht gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG a.F. entfallen, da die Pensionszusage vor Inkrafttreten der Deckungsrückstellungsverordnung am 16.5.1996 erteilt wurden war. Der Senat hält an dieser Interpretation der früheren Gesetzeslage ausdrücklich fest (Rn. 54).

Auch die Neuregelung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie lasse nun die für Zeitpunkte vor Inkrafttreten des Gesetzes erforderlichen Anpassungsprüfungen nicht nachträglich entfallen. Mit ausführlicher Begründung (Rn. 56ff.) stellt das BAG fest, dass zwar für Anpassungsprüfungen ab dem 31.12.2015 seine bisherige Rechtsprechung nicht mehr herangezogen werden könne, dass aber die Auslegung der Neuregelung ihre Nichtanwendbarkeit für frühere Anpassungsprüfungen ergebe, da keine Anhaltspunkte für eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Rückwirkung vorhanden seien. Die Neuregelung sei auch „keine Klarstellung der Rechtslage für die Vergangenheit, sondern eine gesetzliche Neu-Konzeptionierung” (Rn. 64). Sie sei deshalb nur für künftige Anpassungstermine anzuwenden.

III. Einschätzung

Das neue Urteil des BAG ist für Unternehmen mit Pensionskassenzusagen, für die nun mit Rückwirkung geklärt ist, dass sie nach der alten Rechtslage zur Anpassungsprüfung verpflichtet waren, sehr ärgerlich. Neben den finanziellen Belastungen durch etwaige Rentenzahlungen wird selbst dann ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand erzeugt, wenn sich bei der Prüfung kein Anpassungsbedarf über die von der Pensionskasse ohnehin aus Überschüssen geleisteten Erhöhungen hinaus ergibt. Manche Unternehmen werden für die aus den Anpassungen resultierenden, regelmäßig wohl nur geringen Renten erstmals eine eigene Rentenverwaltung betreiben, Rückstellungen bilden und PSV-Beiträge leisten müssen. Alternativ könnten sie – sofern möglich – die zusätzlichen Rentenzahlungen wieder über denselben oder andere externe Versorgungsträger durchführen lassen, wobei für die dafür nötigen Beiträge u.E. wieder Lohnsteuer und ggf. Sozialversicherungsbeiträge abzuführen wären. Auch der Durchführungsweg der Pensionskasse wird durch diese Entscheidung geschwächt. Es zeigt sich hierdurch, dass allgemein für sicher gehaltene Rechtsauslegungen ihren Bestand verlieren und sich damit wesentliche Entscheidungsgründe für einen Durchführungsweg im Nachhinein als nichtig herausstellen können.

Zu beachten ist ferner, dass die gleichen Folgen auch dann eintreten, wenn die Pensionskasse (entsprechend bei Direktversicherungen) nicht sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet; diesbezüglich hat sich an der Gesetzeslage nichts geändert.

Aktualisierung: Zu der diesbezüglichen Reaktion des Gesetzgebers im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vgl. unsere Hinweise zum BRSG, Abschnitt IV.