Steuerbilanzielle Rückstellung bei wertpapiergebundenen Pensionszusagen (BFH-Beschluss vom 4.9.2024, XI R 25/21)

In seinem Beschluss wendet der BFH sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung zur Bildung von Pensionsrückstellungen bei wertpapiergebundenen Pensionszusagen, die im BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2002 (IV A 6 – S 2176 – 47/02) dargelegt ist. In diesem Schreiben will das BMF die Bildung von Pensionsrückstellungen nur insoweit zulassen, als der Versorgungsanspruch als Mindestleistung garantiert ist. In dem zu beurteilenden Fall hätte die Ansicht des BMF zu einer Pensionsrückstellung der Höhe Null geführt, da keine der Höhe nach garantierte Mindestleistung zugesagt ist. Der Anwendungsbereich des Beschlusses geht jedoch weit über diesen, insoweit ungewöhnlichen, Fall hinaus, da die Argumentation des Gerichts auf alle wertpapiergebundenen Direktzusagen zutrifft.

Im vorliegenden Fall werden teilweise von den Arbeitnehmern bzw. Geschäftsführern durch Entgeltumwandlung und teilweise vom Arbeitgeber finanzierte Beiträge in eine Rückdeckungslebensversicherung eingezahlt. Die Versicherung legt die erhaltenen Beiträge in Fondsanteilen an, wobei die Fondsanteile selbst keinen Mindestwert garantieren, also prinzipiell auch völlig ihren Wert verlieren können. Die zugesagte Leistung bei Eintritt des Versorgungsfalls besteht in der Auszahlung des Werts der Fondsanteile als Einmalbetrag oder in Form einer lebenslang zu zahlenden Rente. Eine garantierte Mindestleistung ist weder vom Arbeitgeber zugesagt noch indirekt durch die Versicherung bzw. die Fonds selbst gewährleistet.

Das Finanzamt akzeptierte für diese Pensionszusagen die dafür gebildeten Pensionsrückstellungen u.a. deshalb nicht, weil keine garantierte Mindestversorgung gegeben sei und deshalb kein Rechtsanspruch auf eine Altersversorgung in festgelegter Höhe bestehe (Rz. 7). Ferner sei die Pensionsleistung gewinnabhängig und enthalte wegen ihrer Abhängigkeit vom Wert der Rückdeckungsversicherung einen schädlichen Vorbehalt, was wegen § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Bildung einer Pensionsrückstellung verhindere (Rz. 12f.). Darüber hinaus handele es sich bei der Pensionszusage nicht um eine beitragsorientierte Leistungszusage, sondern um eine reine Beitragszusage, die nicht unter das Betriebsrentengesetz falle und für die daher auch keine Pensionsrückstellung gebildet werden könne (Rz. 14).

Der BFH lehnt diese Einwände ab und fordert die Bildung einer Pensionsrückstellung, allerdings entsprechend den Vorschriften des § 6a EStG anstelle der vom bilanzierenden Unternehmen auch für die Verpflichtungen angesetzten Aktivwerte der Versicherungsverträge.

Insbesondere sei ein Rechtsanspruch auf eine Pensionsleistung im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG „auch bei wertpapiergebundenen Pensionsverpflichtungen der vorliegenden Art ohne garantierte (Mindest-)Versorgung“ gegeben (Rz. 37). Die aufschiebende Bedingung hinsichtlich des Versorgungsumfangs, d.h. die Abhängigkeit vom Fondswert bei Eintritt des Versorgungsfalls, stehe dem nicht entgegen und führe auch nicht zu einer reinen Beitragszusage ohne Versorgungszweck. Dem Grunde nach komme daher die Bildung einer Pensionsrückstellung in Betracht, selbst wenn auf die betreffenden Pensionszusagen das Betriebsrentengesetz nicht anwendbar sei (Rz. 35ff.).

Aus der Formulierung des § 6a Abs. 1 EStG folge nicht, dass der Rechtsanspruch auf Pensionsleistungen bereits eine im Zeitpunkt der Zusage bestimmte Mindestversorgung garantieren müsse und nur in diesem Fall eine Pensionsrückstellung dem Grunde nach in Betracht komme (Rz. 39).

Die Abhängigkeit des Umfangs der Versorgung von der ungewissen weiteren Wertentwicklung der Fondsanteile stehe der Bildung einer Pensionsrückstellung nicht entgegen, da die Abhängigkeit externer Größen wie der in Bezug genommenen Fondsanteile von den Gewinnen von Unternehmen keine gewinnabhängigen Bezüge im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG seien und auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die Wertentwicklung der Fondsanteile ausscheide (Rz. 44ff.). Ebenso wenig stelle die Ungewissheit hinsichtlich einer in der Versorgungszusage in Bezug genommenen Bemessungsgrundlage einen schädlichen Vorbehalt dar (Rz. 47f.).

Auch die Forderung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, dass „die Pensionszusage […] eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten“ müsse, sei erfüllt, da der Umfang der zugesagten Leistungen nicht nur als fester Betrag, sondern auch abhängig von genau definierten Bemessungsgrundlagen festgelegt werden könne (Rz. 52).

Hinsichtlich der Höhe der zu bildenden Pensionsrückstellung betont der BFH, dass auch bei wertpapiergebundenen Zusagen die Rückstellung gemäß § 6a Abs. 3 EStG zu berechnen sei (Rz. 56ff.). Sie kann also insbesondere nicht analog zur Handelsbilanz mit dem beizulegenden Zeitwert der in Bezug genommenen Wertpapiere angesetzt werden; dem stehen auch nicht die gemäß § 6a Abs. 3 S. 3 EStG bei der Berechnung anzuwendenden „anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ entgegen (Rz. 65ff.). Die bei der Berechnung zu verwendenden künftigen Pensionsleistungen seien mit dem Betrag anzusetzen, der sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags ergibt, da ungewisse Erhöhungen oder Verminderungen der Leistungen nach diesem Zeitpunkt erst nach ihrem Eintritt zu berücksichtigen sind (Rz. 60ff.). Im Fall der Entgeltumwandlung entsprechen die mindestens anzusetzenden „Barwert[e] der gemäß den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres“ (§ 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 1 Hs. 2 EStG) demnach im Fall von Rückdeckungsversicherungen den „zu den jeweiligen Bilanzstichtagen aktuellen Werte[n] des entsprechenden Anteils am Deckungskapital der Rückdeckungslebensversicherungen“ bzw. allgemeiner wohl den entsprechenden Marktwerten der in Bezug genommenen Wertpapiere: „Diese Werte stellen nach den Verhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags die Werte dar, aus denen sich beim späteren Eintritt des Versorgungsfalls die Versorgungsleistungen ergeben“ (Rz. 75). Entsprechendes gilt bei der Berechnung der Rückstellung nach der allgemeinen Vorschrift des § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 1 Hs. 1 EStG (insbesondere bei allen arbeitgeberfinanzierten Zusagen), gemäß der vom Barwert der gesamten künftigen Pensionsleistungen noch der Barwert der künftigen rechnerischen Prämien abzuziehen ist. Auch hier sind „die zu den jeweiligen Bilanzstichtagen aktuellen Werte des entsprechenden Anteils am Deckungskapital der Rückdeckungslebensversicherung zugrunde zu legen“ (Rz. 77).

Fazit

Der Beschluss des BFH ist zwar auf einen ungewöhnlichen Streitfall bezogen, der keinerlei garantierte Mindestleistung aufweist. Die Argumentation des Gerichts ist jedoch sehr allgemein gehalten und sollte daher auch bei anderen wertpapiergebundenen Pensionszusagen gelten, auch wenn die in Bezug genommenen Wertpapiere nicht im Mantel einer Rückdeckungsversicherung enthalten sind.

Bei derartigen Pensionszusagen ist demnach bei der Rückstellungsberechnung der Marktwert der Wertpapiere am Bilanzstichtag als Ausgangspunkt für die Bestimmung der zu bewertenden Leistungen zu berücksichtigen, nicht nur eine niedrigere ggf. auch zugesagte Mindestleistung, wie es im o.g. BMF-Schreiben verlangt wird. Für die Entwicklung der künftigen Pensionsleistungen durch weitere Beitragszahlungen wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Pensionszusage ein geeigneter Ansatz getroffen werden müssen.

Damit könnten die steuerbilanziellen Pensionsrückstellungen für diese Zusagen in Zukunft u.U. deutlich höher ausfallen, soweit nicht der Gesetzgeber noch eine dem entgegenstehende Regelung trifft.