Dynamischer Verweis in Arbeitsverträgen von leitenden Angestellten sowie Spätehenklausel und Mindestehedauerklausel (BAG-Urteil vom 21.11.2023, 3 AZR 44/23)

Das BAG hatte im November letzten Jahres darüber zu entscheiden, wie ein pauschaler Verweis auf die geltende Regelung zur betrieblichen Altersversorgung in einem Arbeitsvertrag eines leitenden Angestellten zu verstehen ist, und ob eine Spätehenklausel (hier bezogen auf die Vollendung des 60. Lebensjahres) bzw. eine Mindestehedauerklausel (hier über ein Jahr Ehedauer und ohne Ausnahmen) wirksam ist.

Im Ergebnis sei der Verweis mangels besonderer Anhaltspunkte nicht so zu verstehen, dass auch eine nach Vertragsschluss in der Rechtsform einer Betriebsvereinbarung zustande gekommene Versorgungsordnung (VO) in Bezug genommen sei (vgl. Ziffer 1). Daneben sei die Spätehenklausel mangels Anknüpfung an das betriebsrentenrechtliche Strukturprinzip (vgl. Ziffer 2) bzw. die Mindestehedauerklausel aufgrund der geforderten Mindestehedauer in Verbindung mit fehlenden Rückausnahmeklauseln (vgl. Ziffer 3) unwirksam.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Ehefrau des verstorbenen Mitarbeiters (leitender Angestellter) machte eine Hinterbliebenenversorgung aufgrund der Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung in dessen Arbeitsvertrag geltend („Der Mitarbeiter hat Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung nach der in der Versorgungsordnung der H-Betriebe gültigen Regelung“).

Die seinerzeit gültige Versorgungsordnung war eine Gesamtzusage, die als Anspruchsvoraussetzung für die Hinterbliebenenversorgung insbesondere vorsah, dass der Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat (Spätehenklausel) und dass am 1. Dezember vor seinem Tode die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat (Mindestehedauerklausel).

Das Arbeitsverhältnis ging im weiteren zeitlichen Verlauf unverändert auf ein Unternehmen der H-Gruppe über, für das ein Betriebsrat gebildet war. Es wurde eine Rahmenbetriebsvereinbarung geschlossen, die festlegte, dass für die entsprechende Gruppe unter den von der Betriebsvereinbung erfassten Beschäftigten weiterhin die für sie geltenden Bestimmungen der VO Anwendung finden, wobei die hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung identische VO als Bestandteil der Betriebsvereinbarung bezeichnet und dieser in der Anlage beigefügt war.

1. Keine Bezugnahme im Arbeitsvertrag eines leitenden Angestellten auf eine spätere, eine Gesamtzusage ablösende Betriebsvereinbarung (Rn. 13 – 24)

Das BAG stellt zunächst klar, dass, wenn in einem Arbeitsvertrag eines leitenden Angestellten für die betriebliche Altersversorgung pauschal auf die beim Arbeitgeber geltende Regelung (zunächst Gesamtzusage) verwiesen werde, dies ohne besondere Anhaltspunkte nicht dahingehend zu verstehen sei, dass damit auch eine nach Vertragsschluss in der Rechtsform einer Betriebsvereinbarung zustande gekommene Versorgungsordnung in Bezug genommen werden würde.

Zwar seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch, sodass ein Arbeitgeber, der eine Versorgung statisch zusagen will, dies deutlich zum Ausdruck bringen müsse. Dies gelte aber aufgrund der Stellung als leitender Angestellter nicht für später in der Rechtsform einer Betriebsvereinbarung zustande gekommene Versorgungsregelungen, von denen ein leitender Angestellter grundsätzlich nicht erfasst wird. Eine solche dynamische Verweisung hätte jedenfalls ausdrücklich festgehalten werden müssen.

2. Unwirksame Spätehenklausel (Rn. 26f.)

Im Weiteren führt das BAG aus, dass die vorliegende Spätehenklausel (Ehebeginn vor der Vollendung des 60. Lebensjahres) unwirksam sei. Eine solche Klausel in einer Gesamtzusage sei eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, welche auch nicht sachlich gerechtfertigt sei. Es fehle eine Anknüpfung an das betriebsrentenrechtliche Strukturprinzip, da die Vollendung des 60. Lebensjahres nach der Struktur der Versorgungsordnung gerade kein Zeitpunkt sei, zu dem typischerweise mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechnet werden könne bzw. zu dem das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet oder der Versorgungsfall eingetreten sei.

3. Unwirksame Mindestehedauerklausel (Rn. 28 – 60)

Nach dem BAG sei auch die vorliegende Mindestehedauerklausel in der Gesamtzusage unwirksam.

Das BAG ließ dabei im Ergebnis offen, ob sich die Unwirksamkeit aus einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters ergebe, da nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass ältere Arbeitnehmer zahlenmäßig stärker von der Nichterfüllung der Voraussetzungen einer Mindestehedauerklausel betroffen seien.

Die Unwirksamkeit ergebe sich aber jedenfalls wegen einer unangemessenen Benachteiligung unter Berücksichtigung der umfassenden Abwägung der betroffenen Interessen der Versorgungsberechtigten und der Versorgungsschuldner im Rahmen von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Klausel erfülle schon nicht die Forderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass allenfalls eine Frist von einem Jahr zwischen der Eheschließung und dem Tod angemessen sei. Daneben ergebe sich die unangemessene Benachteiligung auch aus der fehlenden Möglichkeit, das Vorliegen einer Versorgungsehe auszuschließen, also nachzuweisen, dass sich trotz des Todes innerhalb der festgelegten Frist das Risiko zu dem Zeitpunkt, als der Schutz durch die Versorgungsordnung eintrat (Zeitpunkt der Eheschließung), noch nicht konkretisiert hatte.

4. Fazit

Für Arbeitgeber ändert sich bei den üblichen Verweisen in Arbeitsverträgen auf die Regelungen der betrieblichen Altersversorgung durch die Entscheidung grundsätzlich nichts, da das BAG den dynamischen Verweis als Regelfall betont. Nur im Falle von leitenden Angestellten ist, in Abhängigkeit von den konkreten Rechtsgrundlagen, genauer auf die Formulierung zu achten.

Soweit Arbeitgeber (in Gesamtzusagen) Spätehen- oder Mindesteheklauseln als Anspruchsvoraussetzung für die Hinterbliebenenversorgung verwenden bzw. deren Verwendung künftig beabsichtigen, sollten sie die Entscheidung zum Anlass nehmen, diese an den sehr engen Voraussetzungen der wohl inzwischen ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu messen. Handelt es sich bei der Versorgungszusage hingegen um eine Betriebsvereinbarung, kommen ggf. bei Mindesteheklauseln weitere Gestaltungsspielräume in Betracht.