Versorgungsausgleich: Fortentwicklung des Anrechts bei interner Teilung (BGH-Beschluss vom 19.8.2015, XII ZB 443/14)

Zum Versorgungsausgleich bei interner Teilung erging ein Beschluss des BGH, mit welchem dieser die Zuständigkeit für die Überprüfung der Berechnung eines neu begründeten Anrechts durch den Versorgungsträger den Familiengerichten zuordnet und hierfür konkrete Vorgaben macht. Mit seiner Entscheidung hat der BGH eine insbesondere in versicherungsförmigen Durchführungswegen vielfach verwendete Berechnungsmethode verworfen, da diese den Halbteilungsgrundsatz verletze.

In seinem Beschluss führt der BGH aus, dass der Versorgungsträger die gerichtliche Entscheidung aufwandsneutral umsetzen darf. Aus diesem Grund hat der BGH die Auffassung der Vorinstanz verworfen, dass das Gericht eine Teilung des Anrechts auf Basis der Verhältnisse zum Ende der Ehezeit anordnen könne. Dieser in der Praxis weit verbreitete Ansatz bleibt dabei grundsätzlich zulässig und wird vom BGH ausdrücklich als die vom Gesetz für die Fälle vorgesehene Auffanglösung benannt, in denen der Versorgungsträger keine eigenen Regelungen zur Berechnung des neuen Anrechts getroffen hat.

Sofern der Versorgungsträger eigene Regelungen zur Berechnung des neuen Anrechts trifft, muss das Familiengericht jedoch prüfen, ob diese Regelungen eine gleichwertige Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person an der Wertentwicklung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen vorsehen. Anderenfalls müsse das Familiengericht die Berechnungsmethodik entsprechend der ursprünglichen Zielsetzung des Versorgungsträgers unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes modifizieren. Um eine vergleichbare Wertentwicklung des neuen Anrechts in der Zeit zwischen dem Ende der Ehezeit und einer rechtskräftigen Entscheidung zu gewährleisten, müssen gemäß den Vorgaben des BGH folgende Bedingungen erfüllt sein:

Die Wertentwicklung zwischen dem Ehezeitende und dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, die durch das zeitliche Näherrücken der Altersrente und der damit verbundenen geringeren Abzinsung der künftigen Pensionsleistungen bewirkt wird, ist durch eine Aufzinsung des Ausgleichswertes über diesen Zeitraum auszugleichen. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der biometrischen Rechnungsgrundlagen, die mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten den Eintritt von Tod oder Invalidität in diesem Zeitraum erwarten ließen. Der nicht stattgefundene Eintritt eines solchen Versorgungsfalls führt ebenfalls zu einer Veränderung des Werts des Anrechts. Auch diese sog. biometrischen Gewinne und Verluste sind bei der Ermittlung des neuen Anrechts zu berücksichtigen.

Der BGH sieht somit vor, die Teilhabe an der Wertentwicklung durch Aufzinsung des Ausgleichswerts mit dem Rechnungszins und zusätzliche Einrechnung der biometrischen Gewinne und Verluste bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung sicherzustellen. Praktisch umsetzen lässt sich dies u.E. am einfachsten durch eine Neuberechnung der Ausgleichswertes zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung auf Basis der Bemessungsgrößen und Bewertungsparameter zum Ehezeitende (vgl. auch BGH-Beschluss vom 9.3.2016).

Der BGH stellt ferner fest, dass der für die Ermittlung des Ausgleichswerts verwendete Rechnungszinssatz auch bei der Umrechnung des Ausgleichswertes in ein Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person anzusetzen sei, da andernfalls die Grundsätze der gleichberechtigten Teilhabe verletzt würden. Insbesondere dürfe bei Verwendung des Rechnungszinssatzes nach HGB eine Veränderung dieses Zinssatzes nach dem Ehezeitende bei der Teilung nicht berücksichtigt werden. Obwohl der BGH in seinem Beschluss nur den Rechnungszins erwähnt, dürfte diese Anforderung nach unserem Dafürhalten auch für weitere Bewertungsparameter wie Rententrend und Sterbetafeln maßgeblich sein.

Diese Grundsätze gelten entsprechend bei der Ermittlung des „zusätzlichen Ausgleichs“ für die wegfallenden Leistungen bei einer nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersAusglG zulässigen Einschränkung des Risikoschutzes der ausgleichsberechtigten Person auf die reine Altersleistung.

Der Beschluss erging im Zusammenhang mit einer Direktzusage. Da der BGH das Ergebnis in seiner Begründung jedoch zunächst für versicherungsförmige Anrechte ableitet und dann auf Direktzusagen überträgt, dürfte für andere Durchführungswege grundsätzlich Analoges gelten. Dies würde insbesondere die interne Teilung von versicherungsförmigen Anrechten betreffen, bei denen das neu begründete Anrecht in einer anderen (neueren) Tarifgeneration begründet wird als das zu teilende Anrecht, zumindest sofern diese auf einem niedrigeren Garantiezins beruht.

Die Behandlung bereits laufender Leistungen wird von der Entscheidung nicht erfasst, so dass die damit verbundenen besonderen Fragen teilweise weiter offen sind. Der Beschluss ergänzt eine bereits früher ergangene Entscheidung des BGH vom 7.9.2011 (XII ZB 546/10) zur externen Teilung von Anwartschaften, wonach der Ausgleichswert bis zur Rechtskraft der Entscheidung mit dem jeweiligen Rechnungszinssatz zu verzinsen sei.

Aktualisierung: Vgl. zu dieser Thematik auch den BGH-Beschluss vom 18.8.2021, XII ZB 359/19.