Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) plant mittelfristig eine grundsätzliche Evaluierung des im Rahmen einer umfassenden Strukturreform neu gefassten Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) vom 3.4.2009. Obwohl die Regierung der Ansicht ist, dass sich diese Reform in der Praxis grundsätzlich bewährt habe, wurden Teile des VersAusglG durch das „Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts“ vom 12.5.2021 (BGBl. I S. 1085) bereits vorab geändert. Die im folgenden beschriebenen Änderungen treten am 1.8.2021 in Kraft.

Zusammenrechnung extern zu teilender Anrechte

Im Versorgungsausgleich hat die interne Teilung eines Anrechts grundsätzlich Vorrang vor der externen Teilung. Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person kann die externe Teilung nur innerhalb bestimmter Wertgrenzen einseitig verlangen. Im Allgemeinen entspricht die Wertgrenze gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG als Kapitalwert 240 % der der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (im Jahr 2021: 7.896 €). Für Direkt- und Unterstützungskassenzusagen gilt nach § 17 VersAusglG mit der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung eine höhere Wertgrenze (im Jahr 2021: 85.200 €). Beim Ausgleich mehrerer Anrechte war bisher entscheidend, ob der Ausgleichswert des einzelnen Anrechts unterhalb der jeweils maßgeblichen Wertgrenze liegt (Prinzip des Einzelausgleichs). Rechtsprechung und Literatur sahen es aber in Teilen kritisch, dass ein Versorgungsträger mehrere Anrechte einseitig extern teilen konnte, die in Summe die genannten Grenzen für die externe Teilung überschreiten. Diese Kritik hat der Gesetzgeber nunmehr aufgegriffen.

Künftig werden die Ausgleichswerte aller Anrechte bei einem Versorgungsträger, für welche dieser einseitig die externe Teilung verlangt, mit Blick auf die Wertgrenzen nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 17 VersAusglG zusammengerechnet. Anrechte, die der Versorgungsträger intern teilt, werden in diese Betrachtung entgegen ersten Überlegungen nicht einbezogen.

Wenn bei einem Versorgungsträger ein oder mehrere hohe Anrechte vorliegen, die intern geteilt werden, ist demnach auch künftig die externe Teilung von einem oder mehreren weiteren Anrechten möglich, sofern deren Ausgleichswerte in Summe unter der für den Versorgungsträger maßgeblichen Wertgrenze liegen.

Schuldrechtlicher Ausgleich nach Beginn der Leistungsphase

Befindet sich ein Anrecht, bei dem die maßgebliche Bezugsgröße für die Berechnung des Ausgleichswertes der Kapitalwert ist, bereits in der Leistungsphase, so kommt es aufgrund der abnehmenden Anzahl an zukünftig noch zu erwartenden Rentenzahlungen häufig dazu, dass der versicherungsmathematische Barwert der Versorgung bei Eintritt der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung geringer ist als zum Ehezeitende bzw. bei Eintritt in die Leistungsphase. Der Ausgleich erfolgt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in diesen Fällen grundsätzlich auf Basis des noch vorhandenen (Rest-)Barwerts als Ausgleichswert zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft. Dies kann für die ausgleichsberechtigte Person unbefriedigend sein, weil die für sie aus dem gesunkenen Ausgleichswert resultierende Leistung u.U. deutlich geringer ausfallen kann als dies zum Ende der Ehezeit zu erwarten war.

Daher kann sie künftig stattdessen das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausnehmen und den schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG) vorbehalten. Der Leistungsbezug verändert in diesem Fall nicht den Rentenbetrag der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, jedoch endet dieser mit dem Tod der ausgleichsberechtigten Person. Dieses Wahlrecht unterliegt nicht dem Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG-neu); eine Fristsetzung durch das Gericht ist möglich (§ 222 Abs. 1 FamFG-neu).

Abänderung des Wertausgleichs

Eine Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung (§ 225 FamFG) konnte bisher frühestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt des voraussichtlichen Leistungsbeginns beantragt werden (§ 226 Abs. 2 FamFG, der auf § 52 Abs. 1 VersAusglG verweist). So sollen einerseits möglichst alle bis zum Leistungsfall eingetretenen Änderungen in einem Verfahren gebündelt und andererseits die Änderungen noch vor Leistungsbeginn wirksam werden. Da letzteres in der Praxis bei komplexeren Fällen oft problematisch war, kann künftig der Antrag (frühestmöglich) zwölf Monate vor dem voraussichtlichen Leistungsbeginn erfolgen (§ 52 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. § 226 Abs. 2 FamFG).

Es wird ferner klargestellt, dass der Versorgungsträger nur im Umfang einer tatsächlichen betragsmäßigen Überzahlung an die bisher berechtigte Person nach rechtskräftiger Entscheidung vor einer doppelten Inanspruchnahme geschützt ist (§ 30 Abs. 1 S. 1 VersAusglG).

Die grundlegenden Probleme des VersAusglG werden vom Gesetzgeber mit dieser Gesetzesänderung nicht gelöst. Es bleibt abzuwarten, welches Ergebnis die angekündigte Gesamtevaluierung des Versorgungsausgleichsrechts bringen wird und welche Schlüsse hieraus gezogen werden.