Versorgungsausgleich mit externer Teilung (BVerfG-Urteil vom 26.5.2020, 1 BvL 5/18)

In einem weithin beachteten Urteil zum Versorgungsausgleich befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit der verfassungsrechtlichen Überprüfung von § 17 VersAusglG, der dem Versorgungsträger gestattet, ohne Zustimmung des Ausgleichsberechtigten die externe Teilung von als Direktzusagen oder über Unterstützungskassen durchgeführten Anrechten der betrieblichen Altersversorgung auch für höhere Ausgleichswerte zu verlangen als dies nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG bei der externen Teilung anderer Anrechte zulässig wäre.

Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen stehen die „Transferverluste“, die bei einer externen Teilung durch abweichende Rechnungsannahmen, insbesondere niedrigere Rechnungszinssätze des aufnehmenden Versorgungsträgers entstehen und das Anrecht des Ausgleichsberechtigten reduzieren können. In der aktuellen Niedrigzinsphase können derartige Zinsunterschiede beispielsweise aus der Differenz zwischen einem immer noch verhältnismäßig hohen Rechnungszinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB, der sich aus einer Durchschnittsbildung über Marktzinssätze der letzten zehn Jahre ergibt, und einem Zinssatz von 0,9 %, der von Versicherungen derzeit maximal garantiert werden darf, resultieren (Rn. 8ff.; der BGH bezieht sich demgegenüber in seinem Beschluss vom 24.8.2016, XII ZB 84/13 auf den Zinssatz mit Durchschnittsbildung über sieben Jahre, der für Altersversorgungsverpflichtungen aber bilanziell nicht maßgeblich ist). Dies kann zur Folge haben, dass der Ausgleichsberechtigte ein geringeres Anrecht erhält als der Ausgleichsverpflichtete abgeben muss, und auch ein geringeres Anrecht als er bei interner Teilung erhielte. Da der Durchschnittszinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB mittlerweile spürbar gefallen ist, fällt diese Differenz derzeit allerdings geringer aus als noch vor wenigen Jahren. Andererseits werden die erwartete Absenkung des höchstzulässigen Rechnungszinssatzes für Versicherungen sowie die Tatsache, dass in der Regel kaum mehr Tarife mit positiven Rechnungszinssätzen angeboten werden, den Abstand wieder vergrößern.

Auch in den Fällen, in denen der Ausgleichswert aus dem Wert einer älteren Rückdeckungsversicherung mit hoher Garantieverzinsung ermittelt wird, können sich derartige Transferverluste – zumindest bezogen auf die Garantieleistung – ergeben (eine derartige Konstellation liegt dem Urteil zugrunde). Das Bundesverfassungsgericht erklärt dazu, ein Versorgungsausgleich könne verfassungswidrig sein, „wenn bei der verpflichteten Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies entsprechend im Erwerb eines selbständigen Anrechts für die berechtigte Person auswirkt. Transferverluste aufgrund externer Teilung können zur Zweckverfehlung der Kürzung des Anrechts und damit zu deren Verfassungswidrigkeit führen“ (Leitsatz 1).

Es kommt aber zu dem Schluss, dass § 17 VersAusglG nicht verfassungswidrig sei. Allerdings müssten ihn die Gerichte verfassungskonform anwenden und „den Ausgleichswert bei der externen Teilung so bestimmen, dass die ausgleichsberechtigte Person keine unangemessene Verringerung ihrer Versorgungsleistungen zu erwarten hat“ (Rn. 42). Es bedürfe „besonderer Rechtfertigung, wenn die ausgleichsberechtigte Person aufgrund der externen Teilung – bei Unterstellung identischer biometrischer Faktoren – mit einer niedrigeren Rente rechnen muss als sich die Rente der ausgleichspflichtigen Person durch den Versorgungsausgleich verringert“ (Rn. 51). Die im vorliegenden Fall vom OLG Hamm angenommene Grenze einer maximal zulässigen Abweichung von 10 % sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Rn. 77ff.).

Insgesamt hindere §17 VersAusglG „die Gerichte nicht daran, den Versorgungsausgleich im Fall externer Teilung in verfassungsgemäßer Weise zu regeln und lässt insbesondere eine Festsetzung des Ausgleichswerts zu, die erwartbare verfassungswidrige Effekte der externen Teilung vermeidet. Ob die Grundrechte der Ausgleichsberechtigten gewahrt sind, ist daher eine Frage der gerichtlichen Normanwendung im Einzelfall“ (Rn. 80). Das Familiengericht müsse also den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Ausgleichswert anpassen, wenn er nicht ausreicht, um bei dem gewählten Zielversorgungsträger, der Versorgungsausgleichskasse oder bei der gesetzlichen Rentenversicherung eine ausreichende Versorgung zu finanzieren. Dem Arbeitgeber müsse nach einer solchen Anpassung des vorgeschlagenen Ausgleichswerts aber noch die Möglichkeit verbleiben, statt der ursprünglich vorgesehenen externen Teilung lieber die interne Teilung zu wählen (Rn. 91).

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkung das Urteil auf die Gerichtsverfahren zum Versorgungsausgleich haben wird und wie die Familiengerichte die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im „Massengeschäft“ Versorgungsausgleich, in dem nicht selten mehrere Anrechte in einem Verfahren extern geteilt werden sollen, umsetzen werden. In jedem Fall sollten Unternehmen, die die externe Teilung durchführen, Beschlüsse zum Versorgungsausgleich in nächster Zeit besonders gründlich prüfen und sich darauf einstellen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den Verfahren zum Versorgungsausgleich thematisiert werden wird.