Versorgungsausgleich: Gleichwertige Teilhabe bei der internen Teilung und Härtefallentscheidung (BGH-Beschluss vom 1.12.2021, XII ZB 304/20)

In einem weiteren Urteil zur internen Teilung beim Versorgungsausgleich urteilt der BGH im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. auch den BGH-Beschluss vom 18.8.2021, XII ZB 359/19), dass der Versorgungsträger das neu zu begründende Anrecht nicht in einem anderen Tarif als den des bisherigen Anrechts begründen kann, wenn dies zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der gleichwertigen Teilhabe führt (s.u. Abschnitt I.). Bemerkenswert ist hingegen die in Abschnitt II. dargestellte Abwägung der wirtschaftlichen Folgen eines aufgeschobenen Versorgungsausgleichs durch das Gericht, in deren Folge im vorliegenden Fall die interne Teilung eines Anrechts zuzulassen und nicht das Verfahren auszusetzen war, obwohl das Anrecht möglicherweise auf Basis einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage berechnet wurde (was der BGH hier offenlassen kann).

In dem Versorgungsausgleichsverfahren wurden sowohl die jeweiligen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen als auch das im Rahmen der Pflichtversicherung erworbene Anrecht der Ehefrau in der kirchlichen Zusatzversorgung bei der Evangelischen Zusatzversorgungskasse in Darmstadt (EZVK). Letzteres Anrecht umfasst auch eine sogenannte Startgutschrift für die vor der Neuordnung zum 1.1.2002 erworbenen Anwartschaftsbestandteile. Die interne Teilung des Anrechts bei der EZVK sollte satzungsgemäß in die freiwillige Versicherung erfolgen. Da das Beschwerdegericht hiervon abweichend tenorierte und anordnete, dass letztlich die Regelungen über die Pflichtversicherung anzuwenden seien, legte die EZVK Beschwerde ein – jedoch erfolglos.

I. Gleichwertige Teilhabe

Die Regelung in der Satzung, nach der eine interne Teilung eines Anrechts aus der Pflichtversicherung in den Tarif der freiwilligen Versicherung zu erfolgen hat, sei wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe im Sinne des § 11 Abs. 1 VersAusglG nicht anzuwenden (Rn. 13).

Insbesondere führe die Satzungsbestimmung dazu, dass – in der Regel und auch im konkreten Fall – keine vergleichbare Wertentwicklung gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG entstehe, weil der freiwilligen Versicherung konservativere Rechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Ausgleichsrente des Berechtigten zugrunde lägen, als sie bei der Berechnung des Ausgleichswerts zur Anwendung kämen (Rn. 14). Dies bedeute im konkreten Fall eine Renteneinbuße von ca. 11 % für den Ausgleichsberechtigten (Rn. 17). Daneben sei die Überschussbeteiligung in der freiwilligen Versicherung nicht garantiert, womit der Ausgleichsberechtigte das Realisierungsrisiko trage und damit ggf. sein Rentenniveau noch weiter hinter dem der Pflichtversicherung zurückbleibe (Rn. 18).

II. Härtefall

Im Übrigen ständen der Durchführung des Versorgungsausgleichs auch mit Blick auf die zumindest in der Vergangenheit rechtlich umstrittene Berechnung der Startgutschriften keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegen. Hierbei musste der BGH nicht entscheiden, ob die Höhe der Startgutschrift der Ausgleichsverpflichteten auf einer verfassungsgemäßen Satzungsbestimmung beruht (Rn. 21):

Zwar sei die Verfassungsmäßigkeit grundsätzlich Voraussetzung für ein auszugleichendes Anrecht (andernfalls sei das Verfahren regelmäßig bis zu einer Neuregelung der Berechnungsgrundlage auszusetzen). Wenn aber, wie im konkreten Fall, der Ausgleichsberechtigte bereits Rentenleistungen beziehe und er auf den Wertausgleich des Anrechts unter Einbeziehung einer nur unverbindlich erteilten Startgutschrift aus wirtschaftlichen Gründen dringend angewiesen sei, habe die interne Teilung zur Vermeidung von grob unbilligen Ergebnissen entsprechend dem § 27 VersAusglG zugrunde liegenden Rechtsgedanken ausnahmsweise trotzdem zu erfolgen (Rn. 23 und 28). Dem stehe auch nicht entgegen, dass eine nachträgliche Abänderung der Entscheidung zur Teilung von Anrechten der Zusatzversorgung des öffentlichen bzw. kirchlichen Dienstes gemäß § 225 Abs. 1 FamFG dann nicht mehr möglich wäre (Rn. 23). Beachtet wurde bei der Entscheidung auch, dass der Ausgleichsberechtigte die Unwirksamkeit nicht geltend gemacht hat, was zum Ausdruck bringe, dass dem Ausgleichsberechtigten aus wirtschaftlichen Gründen an einer Durchführung des Versorgungsausgleichs gelegen sei (Rn. 27).

Für die Praxis gilt zu beachten, dass der BGH in einem konkreten Einzelfall entschieden hat und die Begründung des Ergebnisses auch auf die konkrete Situation Bezug nimmt. Daher kann und sollte diese Entscheidung nicht ohne Weiteres auf andere Fallkonstellationen übertragen werden.